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Fremde Musik

 

Vor meiner Arbeit in einem Konzerthaus habe ich geholfen, Ersatzteile für Papiermaschinen zu verkaufen. Das war leicht. Man musste nur kapieren, was eine Muffe ist und wie das auf Englisch und Französisch heißt. Nach der Muffe kam die Mozzarella. Das war schon schwieriger. Denn der Käseklops schmeckte nach Tempotaschentuch. Sehr delikat, nannte man das.

 

Die Maschinen, groß wie Hochseedampfer, habe ich nie liebgewonnen. Auch prächtige Käselaibe sind mir seltsam fremd geblieben. „Es gibt Schlimmeres“ hätte meine Oma gesagt und sie hätte wie immer Recht gehabt

 

Dann also die Musik, die heilige. Sie sollte das Überirdische besorgen. Ist sie nicht wortlos erhaben und jedem zugänglich, der guten Willens ist? Diesen hatte ich schon bewiesen. Hatte viele Bücher im Sturm erobert und wusste fast hundertprozentig, dass Johann Sebastian Bach kein berühmter Schriftsteller ist.

 

Es hat nicht funktioniert.

 

Beim besten Willen nicht. Was natürlich ein großes Unglück ist, eine besondere Form der angeborenen Gehörlosigkeit vielleicht. So ist mir die alte Musik fremd geblieben und die neue konnte Zuneigung nicht herstellen. Dafür habe ich musikvernarrte Intendanten kennen gelernt und liebenswerte Kollegen gefunden.

 

„Gar nicht so schlecht“ hätte meine Oma gesagt und sie hätte wie immer Recht gehabt. Oder hätte sie besser Cello für mich spielen sollen?

 

 

Foto: Susanne (Tallinn/Estland)

 

Kommentare: 1 (Diskussion geschlossen)
  • #1

    Mechthild Kremer (Donnerstag, 11 Mai 2017 20:19)

    Herrlich diese weisen Omas und wie sie einen begleiten.
    Mir fällt allerdings gerade nur der Spruch von Tant Mariechen von Hanns-Dieter Hüsch ein. Jene pflegte immer zu sagen "Wat ene Quatsch" und der Kabarettist, den ich so schmerzlich vermisse, weil seelenverwandt, meinte dazu: "Wat ene Quatsch, sagte mein Tant Mariechen - und ich glaube, sie meinte das Leben."