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Mumpse

Ich bin geimpft. Nicht gegen die richtig schlimmen Sachen wie Armut, Angst und Angeberei. Aber gegen die üblichen Kinderkrankheiten. Das hat meine Mutter jedenfalls immer behauptet. Wieso wir trotzdem Mumps hatten, weiß ich nicht. Vielleicht war es auch Scharlach oder eine andere fiese Pustelpest, gegen die Bayer noch kein Kraut hatte wachsen lassen.  

 

Die Zeit mit dem Mumps war toll. Vergraben in Senfwickelbergen stellten wir uns den Mumps vor wie einen der Eumel, die in den 60er Jahren Gardinen angegriffen haben. Nur größer und gefährlicher. Es kam deshalb auch nicht in Frage, „die“ zu dem Mumps zu sagen. Seine gemeinen Späße machten uns schwindelige Träume. Bekämpft wurde der Mumps mit Verdunkelung des Kinderzimmers. Das weckte leider die Vampire, die überall in den Ecken saßen und auf ihr Signal warteten.

 

Ständig kam einer rein und guckte. Normalerweise war der eine die Oma. Habt ihr noch Tee? Wollt ihr ein Eis? Fast wie im Paradies. Die Vampire verzogen sich im Lichtschein, der durch den Türspalt fiel. Der Mumps und seine Kumpels wurden im Lampenlicht wieder frech. Und so ging das wochenlang hin und her. Bis dem Mumps langweilig war und der Vampir satt.

 

Seither bin ich für eine erweiterte Impfpflicht. Es muss unbedingt ein zuverlässiger Wirkstoff her gegen das Gefühl, dass keiner guckt. Eine radikale Immunisierung gegen den übermächtigen Wunsch, an der Opfer-Olympiade mitzumachen. Bei gleichzeitiger Stärkung der Widerstandskräfte gegen Vampire und Mumpse.

 

Foto: Tapete 70er

 

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