Da simmer dabei

 

Karneval ist eine total bekloppte Veranstaltung. Von außen betrachtet. Von Hamburg, Berlin und Hildesheim herab gesehen. Dass kulturgeschichtlich vor der Fastenzeit die Sau rausgelassen wird, ok. Aber das Dreigestirn? Die Geschichte mit den heiligen drei Königen ist schon schwierig genug. Doch Prinz, Bauer und Jungfrau als Hofstaat? Wo ist da um Himmels Willen der Zusammenhang?

 

Dazu die Prinzenproklamation im Gürzenich. Das klingt nach einer Geschichte der Augsburger Puppenkiste mit dem Kleinen König Kalle Wirsch in der Hauptrolle. Dabei handelt es sich um das wichtigste gesellschaftliche Ereignis in Köln. Wer nicht dabei ist, hat gepennt oder Dreck am Stecken. Die Hautevolee aus Politik, Wirtschaft und Kultur vergewissert sich ihrer Bedeutung bei schlechten Witzen und schlimmer Musik.

 

Karneval hat nämlich nicht das Geringste mit Humor zu tun. Von einer närrischen Kritik an der Obrigkeit ganz zu schweigen. Die feiert uniform und ist auch im jecken Kostüm ganz bei sich.

 

Es geht ausschließlich ums Dabeisein im Karneval. Das allerdings ist großartig. Ehrlich. Man gehört dazu. Hauptsache Kostüm, egal welches. Wer einmal mitgelaufen ist im Rosenmontagszug weiß mehr von Inklusion, als jeder Bildungspolitiker oder Soziologe aus der Ferne ahnt.

 

Dazu bist Du auch noch was ganz besonders Dolles. Es kann ja nicht jeder mitmachen, der Lust dazu hat. Irre ist das. Du schlappst in Deiner Fußtruppe durch die Gegend und die Leute jubeln, als ob man zum britischen Königshaus gehören würde. Wie ergeht es da erst denen da oben, auf den Festwagen? Oder dem Prinz? Er gibt mit seinen Kumpanen im Trifolium Unsummen aus, ganz abgesehen vom Verdienstausfall während der Session. Aber wenn man den Prinzentränen am Ende der Dienstzeit glauben darf, ist die Rolle ergreifender als die Fantasie von der Tabellenspitze des FC.

 

Du bist mittendrin, im selben Moment einzigartig und die Menge johlt, solange die Kamelle nicht ausgehen. Wäre es das echte Leben, müsste man von Glückseligkeit sprechen.

 

Dort sieht die Sache aber anders aus. Dabei ist man vielleicht auch irgendwo, notfalls in einer Chat-Gruppe, wo’s um Blut oder seltene Hobbies geht. Aber im Großen und Ganzen? Schwierigschwierig. All die verschiedenen Geldbeutel, Stadtteile, Schulen und Automarken. Wenn das nur alles freiwillige Verkleidungen wären.

 

Mit einem speziellen Aussehen und Outfit wird man auch nicht zuverlässig bewundert in diesem Land. Eher gar nicht. Eher hat man dann ein großes Problem. Jeden Tag. Man könnte auch in einem Café erschossen werden.

 

Foto: pixabay

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Bettina (Dienstag, 25 Februar 2020 09:15)

    Wunderbar!!

  • #2

    cläre (Dienstag, 25 Februar 2020 21:17)

    � und diesmal hat es der Karneval sogar geschafft, lt.KSta, total politisch korrekt zu sein, wir stehen ja alle so wundersam beisammen, so auch unser nächstes motto, dass es den Rechten mal so richtig zeigt, wo es lang geht und wir es ernst meinen - mit
    der menschlichkeit und so. karneval als widerstandsbewegung. wow (wenn, dann in düsseldorf, man vergleiche die mottowagen zu hanau...)
    kölle alaaf, heute ist es wieder vorbei, mal sehen, ob der widerstand die fastenzeit übersteht.