Bankwesen

 

Rechnerisch und gesellschaftlich könnte die Epidemie ein echter Glücksfall sein. Jedenfalls bei maximaler Kälte in der Vorratskammer für alten Krempel. Werte und so. Ich bete sie nicht alle runter. Man gerät schnell in Verdacht heutzutage. Wer will schon ein trotteliger Gutmensch sein.

 

Für die Zukunft westlicher Gesellschaften könnte die Krise sogar wegweisend sein. Wir werden weniger, jünger und weiblicher. Was will man mehr? Schluss mit den vielen Alten, Kranken und sonstwie Minderbemittelten. Ob Männer zur letzten Gruppe gehören, ist noch nicht endgültig erwiesen. Die Pflegeheime waren jedenfalls auch vor Corona schon hoffnungslos überfüllt, das Rentensystem ist am Anschlag und die Polinnen fallen auch weg. Kein Spargel für lecker, keine Betreuung für Mutti.

 

Die Starken packen die Seuche, um die Anderen ist es schade. Evolution wie im Bilderbuch. Oder im Horrorfilm. So kann man es sehen. Vielleicht gibt es ja tatsächlich keine Gesellschaft*? Nur Individuen mit Familienanschluss. Die schlappen ego auf den Straßen umher, schimpfen über Schulen und Krankenhäuser und tricksen bei der Steuer.

 

Aber so ist es nicht. Nicht mal insgeheim, scheint mir. Darüber wundere ich mich. Klammheimlich natürlich. Das viele schöne Geld in Kurzarbeit versenkt. Fast die ganze Wirtschaft lahmgelegt. Um vergleichsweise wenige Menschen zu retten. Wie viele sind bis jetzt im Syrienkrieg gestorben, im Jemen, im Sudan? Aber ich will keine zynischen Rechnungen aufmachen, wenn die meisten Regierungen verantwortungsvoll tun, was sie können. Bis auf die total verkommenen, aber mehr oder weniger ordentlich gewählten Gestalten in Übersee und anderswo.

 

Wenn mir gar nichts mehr einfällt für den Feierabend, werde ich im Netz nachsehen. Vielleicht gibt es dort eine Erklärung, die mir einleuchtet. Die Idee von der Panikmache gehört nicht dazu. Wozu und für wen sollte das gut sein? Die Belastungsgrenze des Gesundheitssystems testen? Rentner als Wählergruppe erhalten? Kriegsrecht für immer?

 

Die Lage ist so ernst wie noch nie in meinem Leben und ich schöpfe Hoffnung. Absurd.

 

*Margaret Thatcher: “…And, you know, there's no such thing as society. There are individual men and women and there are families…” Interview mit Woman's Own vom 23. September 1987

 

Foto Susanne: Ria und ich in Graz

 

 

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