Vor ungefähr 50 Jahren war ich am dörflichen Samstagabend bei einer Tanzveranstaltung. „Twilight“ hieß die Kapelle. Die Darsteller sahen gut aus. Wichtig. Sie waren bestimmt zweimal im Monat in unserer Turnhalle und haben berühmte Lieder nachgespielt. Zum Teil sind die Lieder heute noch berühmt. Wichtig waren die Sachen zum gemeinschaftlichen Schütteln der damals oft langen Haare. Smoke on the Water zum Beispiel. Selbst wenn wir einen leidenschaftlich abgelehnten Tanzkurs gemacht hätten, ein Discofox wär nicht gut gegangen mit dem Lied. Haben wir Song gesagt? Glaube nicht.
Wichtig andererseits die Lieder mit nur zu zweit Hin und Her. Total zufällig Hand wo. Auch das ohne Tanzkurs easy. Wenn’s nicht der Falsche war. Aber Lieder gibt es glücklicherweise für alle und alles. If you can't be with the one you love, love the one you're with. Was die schwulen Dörfler gemacht haben, weiß ich nicht. Die muss es gegeben haben. Gab es aber nirgendwo.
Aber das wollte ich gar nicht erzählen. Ist ja blöd Jugendzeugs. An dem Abend waren die Twilights jedenfalls besonders. Besonders gut. Haben die Bildungsurlaub gemacht? Mick Jagger getroffen? Peter Maffay wenigstens? Josie fast Angie. Nein, ich hatte besondere Kekse gegessen. Also halluziniert. Der Sound war aber in Wirklichkeit eine überwältigende Wahrheit. Ich schwöre. Die Jungs haben gespielt wie die Götter im Pop-Himmel.
Nun gehören Halluzinationen ja zum Alltag. Auch ohne Kekse. Man muss nur dem amerikanischen Präsidenten zuhören. Da überlagern sich affenartige Reflexe, schwerwiegende kindliche Traumata und Wunschwelten, die man kaum politisch ausgereift nennen kann. Grönland übernehmen, Putin super Typ, solche Sachen. Gibt’s natürlich auch bei noch kleineren Lichtern. Ich zum Beispiel. Hab lange von der DDR als dem besseren deutschen Staat gefaselt. Sehr beschämend.
Das mit der Scham fehlt allerdings meist beim halluzinierenden politischen Personal. Mit Ausnahme von Habeck vielleicht. Der hat zumindest grundsätzlich Talent in die Richtung, denke ich. Halluziniere ich?
Künstliche Intelligenz kennt selbstverständlich auch keine Peinlichkeit. Allerdings bringen die Sprachmodelle alle Sätze hübsch und rund zu Ende. Egal, was behauptet wird. Nicht wie Trump. Wie Merz eher. Kein Versprecher, keine Zweifel am Inhalt, ernstes Gesicht.
Dass KI halluziniert wie wir Menschen, finde ich andererseits irgendwie tröstlich. Weiß ich mal nicht weiter, erfinde ich einfach was. Das kommt mir bekannt vor. Und ist zumindest in der Literatur schönste Handwerkskunst. In einer Geschichte kommt es ja nicht darauf an, ob Oslo die Hauptstadt von Bayern ist oder nicht.
In der Juristerei ist kreative Freiheit schwieriger. Wenn die Qualität und Quantität des Datenfutters nicht ausreicht, denkt sich das System was aus. Mit Paragraphen und allen Schikanen. „Der Mord an Ihrer geschiedenen Ehefrau ist laut § 17 STGB gerechtfertigt und damit straffrei.“ Das möchte ich nicht.
Also weiterhin Obacht beim Halluzinieren.Zumindest hinterher.
Foto: https://www.iese.fraunhofer.de/blog/halluzinationen-generative-ki-llm/
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